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So steht es im Grundgesetz, Art.2 Abs. 1 und Art. 1 Absatz 1 in Verbindung mit dem §1631 Abs. 2 BGB und der UN-Kinderrechtskonvention.
Als Kindertagespflegeperson ist es Ihre Aufgabe die Kinder nach diesen Grundsätzen zu erziehen, zu betreuen und zu fördern.
Sie sind Ansprechperson, Erziehungs- und Bildungspartner*inder Erziehungsberechtigten. Nicht selten werden Sie von Erziehungsberechtigten um Rat gefragt - auch über Ihre eigentliche Tätigkeit als Kindertagespflegeperson hinaus. So erhalten Sie Einblicke in die einzelnen Familien. Durch die große Nähe zur Familie des Tagespflegekindes sind Sie oft die erste Person, die „Signale empfängt“, wenn es dem Kind nicht gut zu gehen scheint (z.B. unzureichende Versorgung, Verhalten der Erziehungsberechtigten fördert nicht/ gefährdet das gesunde Aufwachsen des Kindes). Es ist wichtig, dass Sie auf diese Signale achten.
Im § 8a Sozialgesetzbuch VIII wird der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung beschrieben. Hiernach sind auch Sie aufgefordert, darauf zu achten, dass das Kindeswohl gesichert ist, und aufmerksam zu sein, wenn es Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung gibt.
Wenn Ihnen sogenannte „gewichtige Anhaltspunkte“ für eine mögliche Kindeswohlgefährdung eines von Ihnen betreuten Tagespflegekindes bekannt werden, ist eine gemeinsame Gefährdungseinschätzung durch Sie mit einer „insoweit erfahrenden Fachkraft“ gesetzlich vorgeschrieben.
Zunächst bemerken Sie erste gewichtige Anhaltspunkte und Sie vermuten eine Kindeswohlgefährdung. Hier gilt es Ruhe zu bewahren und nicht in „blinden Aktionismus“ zu verfallen! Zu leicht können die eigenen Gefühle wie Wut, Empörung, Mitleid mit dem Kind oder Verständnislosigkeit den Erziehungsberechtigten zu Verunsicherung führen. Es ist wichtig, in diesen Situationen „einen kühlen Kopf zu bewahren“, damit Kind und Erziehungsberechtigte sich nicht verschließen und gemeinsam an guten Lösungen gearbeitet werden kann.
In der Praxis ist eine (mögliche) Kindeswohlgefährdung nicht immer eindeutig zu erkennen.
Es bedarf einer guten Wahrnehmung und Dokumentation, um die oftmals schleichenden Prozesse wahrnehmen und beurteilen zu können. Es ist zu berücksichtigen, dass jede Situation individuell betrachtet werden muss und es viele verschiedene Anhaltspunkte für eine (mögliche) Kindeswohlgefährdung geben kann.
→ Die hier aufgeführten Anhaltspunkte sind keine abschließende Auflistung, sie erfassen nicht alle denkbaren Gefährdungssituationen.
Wenn Sie den Verdacht haben, dass es sich um eine Kindeswohlgefährdung handeln könnte, sind folgende Schritte einzuhalten:
→ Ein Schema zum Vorgehen bei Kindeswohlgefährdung und eine Übersicht, wann Sie was tun müssen, finden Sie hier.
Beobachten und dokumentieren Sie mögliche Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohles.
→ Einen Dokumentationsbogen können Sie sich hier herunterladen.
Unterscheiden Sie bei Ihrer Dokumentation zwischen
Die Dokumentation dient dazu
Die Dokumentation ist chronologisch zu führen. Sie kann auch formlos erfolgen. Dokumentationen sind immer verschlossen und für andere unzugänglich aufzubewahren (PC ggf. mit einem Passwort schützen).
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, das betroffene Kind und die Erziehungsberechtigten in die Gefährdungseinschätzung mit einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes dadurch nicht in Frage gestellt wird.
→ Das Gespräch mit dem Kind verlangt viel Fingerspritzengefühl. Wie Sie hier vorgehen sollten und was bei den verschiedenen Altersstufen zu beachten ist, finden Sie hier.
Auch ein Gespräch mit den Erziehungsberechtigten zum Thema Kindeswohl ist sehr sorgfältig vorzubereiten. Entscheiden Sie, ob Sie das Gespräch mit den Erziehungsberechtigten allein oder zu zweit führen. Bedenken Sie, dass eine Konfrontation mit Ihren Beobachtungen die bereits bestehende Situation verschärfen könnte (wie z.B. Gewalt dem Kind gegenüber, Drohungen und Einschüchterungen, Kontaktverbote, sofortige Beendigung des Betreuungsverhältnisses und damit der Verlust einer stabilen Bezugsperson für das Kind).
→ Nützliche Tipps für Gespräche mit den Erziehungsberechtigten bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung finden Sie hier.
In der Regel sind mehrere Gespräche erforderlich. Während der Gespräche sollten mit den Erziehungsberechtigten Vereinbarungen getroffen werden, deren Einhaltung zum verabredeten Zeitpunkt überprüft werden muss. Die Situation muss nach Überprüfung neu erfasst und eingeschätzt werden. Sollte die Situation für das Kind weiterhin schwierig sein, müssen erneut Ziele verabredet werden. Sinnvoller ist es, kleine Schritte in die richtige Richtung zu gehen, um die Erziehungsberechtigten nicht zu überfordern, als zu hohe Erwartungen an sie zu stellen, die sie (so schnell) nicht erfüllen können.
→ Wie Sie hier vorgehen finden Sie im Beratungskreislauf.
Solch schwierige Situationen müssen Sie nicht alleine bewältigen. Mit Ihrer Fachberatung können Sie Ihre Beobachtungen und Sorgen reflektieren. Sie können Beratung und Begleitung zum weiteren Vorgehen, Handlungsabläufen, Kooperationsmöglichkeiten, Datenschutz und möglichen Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder und Familien erhalten.
Achtung! Ihre Fragestellung sollte immer anonymisiert (ohne Nennung des Namens des Kindes/ der Familie) erfolgen. Der Fachbereich Jugend und Familie (FamilienServiceBüro, Kommunaler Sozialdienst und Clearingstelle) ist verpflichtet, jedem Hinweis auf Kindeswohlgefährdung umgehend nachzugehen, sobald Namen genannt werden.
Sie können sich auch anonymisiert mit anderen einschlägigen Beratungsstellen beraten.
→ Beratungsmöglichkeiten durch insoweit erfahrene Fachkräfte in der Landeshauptstadt Hannover außerhalb des FamilienServiceBüros finden Sie hier.
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Sie eine Gefährdungseinschätzung mit einer InsoFa vornehmen.
Sie entscheiden nach erster Klärung gegebenenfalls gemeinsam mit Ihrer Fachberatung, ob eine InsoFa hinzuziehen ist. Sie kann Ihnen eine InsoFa benennen. Sie entscheiden, ob Ihre Fachberatung an der Fallberatung teilnehmen soll. Dies kann ein Vorteil in der weiteren Begleitung sein. Falls Sie Hilfe bei der Vorbereitung des Falles brauchen, steht Ihnen auch hier Ihre Fachberatung zur Seite.
Die InsoFa berät die Kindertagespflegeperson:
→ Die Gefährdungseinschätzung sollte gut vorbereitet und dokumentiert werden. Dazu empfehlen wir dieses Fallberatungsprotokoll bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung zur Gefährdungseinschätzung. Nach der Beratung müssen alle unterschreiben, die an der Beratung teilgenommen haben. Das Original bleibt bei Ihnen, eine Kopie bekommt Ihre Fachberatung für die Akte.
Wenn Sie nach einer Beratung mit einer InsoFa zu dem Ergebnis kommen, dass eine Meldung an das Jugendamt erforderlich ist, ist die örtliche Zuständigkeit zu klären.
Hat das Kind seinen Wohnsitz in Hannover, ist der Kommunale Sozialdienst Hannover zuständig, lebt das Kind in der Region, ist die entsprechende Wohnortkommune zuständig.
Unabhängig von der Zuständigkeit kann die Meldung per Telefon, Post oder per Fax erfolgen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen sind Emails nicht statthaft. Nutzen Sie bitte die Möglichkeit, die Ihnen eine umgehende/ zeitnahe Informationsweitergabe ermöglicht.
→ Wir empfehlen diesen Mitteilungsbogen zu nutzen.
→ Eine Telefonliste des KSD finden Sie hier.
→ Einen Flyer des Allgemeinen Sozialdienstes mit Ansprechpartnern von Kommunen der Region Hannover mit eigenem Jugendamt finden Sie hier.
→ Einen Flyer des Allgemeinen Sozialdienstes mit Ansprechpartnern von Kommunen der Region Hannover ohne eigenes Jugendamt finden Sie hier.
Bei Gefahr im Verzug sind die oben geschilderten Handlungsschritte 3 bis 3.4 nicht zwingend einzuhalten.
Ist die Gefährdung des Kindes so akut, dass die begründete Annahme besteht, nicht anders als durch eine Meldung an das Jugendamt eine Gefahr für Leib und Leben des Kindes abzuwenden, liegt ein Fall dringender Gefährdung vor.
In diesen Fällen ist eine unverzügliche Information an den Kommunalen Sozialdienst (KSD) zwingend notwendig. Bei Gefahr im Verzug ist unabhängig vom Wohnort des Kindes immer der KSD der Landeshauptstadt Hannover zuständig.
Außerhalb der Dienstzeiten des KSD wenden Sie sich telefonisch an die Clearingstelle der Landeshauptstadt Hannover (Inobhutnahmeeinrichtung des Fachbereichs Jugend und Familie, Nikolaistraße 13, 30159 Hannover). Diese ist täglich 24 Stunden unter der Rufnummer: 0511/ 168-49944 erreichbar.
Falls Sie dort keine zuständigen Mitarbeiter*in erreichen, sollte die Polizei unter der Notrufnummer 110 eingeschaltet werden. Sie hat auch die aktuelle Notfallnummer des Jugendamtes.